17. Dezember, 15.30 Uhr. „Autumn Leaves…“. Ein Jazz-Konzert zum Advent mit Johannes Langenhagen (Flügel), Clemens Oerding (Gitarre), Andreas Köhler (Violine, Gesang) aus Berlin. || 11.Januar 2024, 19 Uhr. „Poesie und Musik.“ Matthias Marx zur Kraft der Melancholie. || 17. Januar 2024, 19 Uhr. „Zwischen Leinwand und Bühne. Der Maler Alexander Camaro im Nachkriegsberlin“. Ein Vortrag von Dr. Anna Krüger. || 25.Januar 2024, 19 Uhr. „Strandgut am Acheron“. Lesung und Gespräch mit Andreas Kühne und Christoph Sorger, Gast Moritz Götze. || 15.Februar 2024, 19 Uhr. „Duetto G-Dur für Flöte und Violine von Franz Anton Hoffmeister“. Konzert mit Isabelle Chenot, Flöte und Uwe Prochnow, Violine. ||

Mariele

Ernst Ludwig Kircher

1923

 

Das Porträt von Mariele ist kraftvoll, plakativ und farbig, aber es wirkt auch kühl, reserviert, statisch. Die steife Pose, die schmalen Lippen, die Strenge in Gesicht und Körper dieser Frau vermitteln Stillstand, Abstand, Selbstbeherrschung. Ist Mariele ein Bauernmädchen oder eine Kirchners vielen Besucherinnen, seiner zahlreichen Modelle, die oft auch seine Geliebten waren? Verrät das Aquarell auch etwas von seiner komplizierten Beziehung zu Erna, der langjährigen Lebensgefährtin, mit den Schatten der Schwermut um die Augen, auf Schultern und Armen, die Nase und das Kinn so spitz wie die Tannen und Berggipfel? Sind das überhaupt Berge und Wiesen, oder ist das die Kulisse eines Photoateliers, flach und platt, ohne Raum und Perspektive, vor der Mariele sitzt mit maskenhafter Mimik und mit merkwürdig abgewinkelten Händen, die an die stilisierte Gestik altägyptischer Figuren erinnern? Pflückt sie Blumen? Befragt sie das Orakel: Er liebt mich, er liebt mich nicht…? Nur ihr  flammendes Haar bringt etwas Wärme in das Bild. Gesicht und Hals bleiben blass wie die Wolke und der Berg, fahle Flecken unbemalten Papiers, umrahmt von einem tiefen, hastig aufgebrachten Türkis und Blau. Die Farben spielen mit den Linien der Skizze und fließen breit und ungebändigt über die Grenzen von Himmel, Wald und Haar und Arm hinweg, nichts wird vertuscht, geschönt, beschwichtigt. Den Farben gelingt es, die Enge und Strenge der gezeichneten Kontur zu mildern, was auch als Gleichnis verstanden werden kann: vom realen Leben, das in gewohnten Mustern und bewährten Bahnen verläuft und Regeln und Gesetze, Kontur und Orientierung braucht – und von der Kunst, die darüber hinausgeht, die gar nicht anders kann, als weiter zu blicken und zu fragen und zu forschen, was hinter diesen Grenzen und Konventionen liegt. 

 

Franz Deubzer

In: Bizarre Begegnung. Bilder schauen dich an. Porträts aus der Sammlung Brabant. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung vom 11. Juli – 8. November 2009 im Stadtmuseum Penzberg