24. Oktober 2019
Weiblicher Halbakt
Georg Tappert
o.J.
Tappert, einer der bedeutendsten Vertreter des deutschen Expressionismus, der als Sohn eines Schneiders in der Friedrichstraße, der damaligen Vergnügungsmeile Berlins, aufwuchs, kam seit seiner Kindheit mit der sogenannten Halbwelt in Berührung. Nacktheit war ihm nicht fremd, im Gegenteil. Als einer der ersten deutschen Künstler hat er die großstädtische Vergnügungswelt als Bildthema entdeckt und in seinen Porträts von Chansonetten, Nackttänzerinnen, exotischen Artistinnen, Halbweltdamen und Straßendirnen festgehalten. Ist der weibliche Halbakt eine von ihnen? Ist das Porträt, das sich auch als eine Studie zu Körperhaltung, Anatomie, zur Darstellung und künstlerischen Umsetzung von nackter Haut, als Auseinandersetzung mit Nacktheit betrachten lässt, Dokument und Ausdruck eines bestimmten Interesses – des Blicks des Malers nämlich? Und wer ist dieses Mädchen – ein bestimmtes, ein Mensch oder doch eher Stellvertreterin, ein Modell eben. Spielt das überhaupt eine Rolle? Doch wie würden wir sie sonst anschauen – und sie uns? Würden wir, würde sie diese Begegnung suchen? Sieh mich an – sieh mich nicht an?
Christine Knöller
In: Bizarre Begegnung. Bilder schauen dich an. Porträts aus der Sammlung Brabant. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung vom 11. Juli – 8. November 2009 im Stadtmuseum Penzberg